Urteil: Stiftungsräte haften wegen mangelhafter Sorgfalt mit 20 Mio CHF
Von Stephan Skaanes und Lionel Conod, PPCmetrics AG Asset Managers
Das Bundesgericht hat in einem viel beachteten Urteil die Verurteilung von ehemaligen Stiftungsräten einer Pensionskasse bestätigt.1Sie haften im Umfang von 20 Mio Franken wegen grober Verletzung ihrer Pflichten mit ihrem privaten Vermögen. Was geschah?
Das oberste Stiftungsorgan hatte die Verwaltung des Pensionskassenvermögens einem Dritten anvertraut. Der abgeschlossene Vermögensverwaltungsvertrag räumte dem Asset Manager eine erhebliche Handlungsfreiheit über einen grossen Teides Stiftungsvermögens ein. Die Mandatierung durch den Stiftungsrates erfolgte, ohne dass die konkreten Investitionsvorhaben erläutert und ohne dass dem Vermögensverwalter Restriktionen auferlegt wurden. Zudem hatte der Asset Manager dem Stiftungsrat eine riskante Investitionsstrategie vorgeschlagen, welche einstimmig und ohne vertieftes Hinterfragen angenommen wurde. So investierte der Stiftungsrat Schritt für Schritt fast 80 Prozent der Vermögenswerte in riskante off-shore Fonds.
Was die Überwachung und Kontrolle der getätigten Anlagen betrifft, hat sich der Stiftungsrat auf die Sichtung der gelieferten Quartalsrapporte des Vermögensverwalters beschränkt. Weder vom Vermögensverwalter noch von den Fonds wurden Jahresrechnungen verlangt. Selbst nach Hinweisen durch den Pensionskassenexperten auf erhöhte fremdfinanzierungsbedingte Risiken und die prekäre finanzielle Lage der Pensionskasse unterliessen es die Stiftungsräte, weitere Abklärungen zu treffen und die Intransparenz seitens Vermögensverwalter infrage zu stellen. Als der Fonds wegen betrügerischen Machenschaften des Vermögensverwalters liquidiert wird, muss die Pensionskasse einen wesentlichen Teil der Investitionen abschreiben. Es folgt nicht nur eine substanzielle Unterdeckung, sondern auch die Liquidation der Pensionskasse. Welche Verhaltensvorgaben lassen sich aus diesem Entscheid ableiten und welche Grundsätze sollte man als Stiftungsrat entsprechend befolgen, um seine Verantwortung wahrzunehmen?
Proaktive Steuerung der vermögensrelevanten Aktivitäten: Eine aktive und kritische Auseinandersetzung mit der finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtung, der Anlagestrategie und den mit der Verwaltung beauftragten Finanzdienstleistern ist zentral. Es empfiehlt sich, unabhängig zu urteilen, und sich nicht nur auf das Verhalten oder die Aussagen und Empfehlungen des Vermögensverwalter verlassen. Je komplexer und riskanter die Anlage von Vermögenswerten ist, desto gründlicher sollte die Auseinandersetzung mit den Anlagen und die Überwachung der Anlagetätigkeit sein.
Eigene Meinung kundtun: Unstimmigkeiten oder Meinungsverschieden, Mängel oder geforderte Massnahmen sind im eigenen Interesse zu protokollieren.
Fragen stellen und Weiterbildung sicherstellen: Selbst wenn die Stiftungsräte nicht immer über eine Expertise in Sachen Vermögensverwaltung oder Pensionskassenverwaltung verfügen, sind sie zu einem gewissen Mass an Sorgfalt und zur Wahrnehmung ihrer unentziehbaren gesetzlichen Pflichten gehalten. Dies nicht zuletzt, um das eigene Haftungsrisiko in der Vermögensanlage im Schadensfall zu reduzieren. Entscheidend für die Einhaltung von Sorgfaltspflichten ist die Frage, was ein durchschnittlich sorgfältiger Stiftungsrat tun würde. Vor diesem Hintergrund gilt es bei Unklarheiten Fragen zu stellen und/oder unterstützende fachlich kompetente Experten beizuziehen. Zudem empfiehlt es sich, sich als Stiftungsrat konstant aus- und weiterzubilden.
Sorgfältige Instruktion und Überwachung: Wird die Umsetzung und/oder die Definition der Anlagestrategie einem Dritten überlassen, ist der Stiftungsrat verpflichtet, auf klare rechtliche Vorgaben, die Sicherstellung der Einhaltung von pensionskassenspezifischen Anlagevorschriften und eine ausreichende Kontrolle zu achten.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Stiftungsräte gut beraten sind, einen strukturierten Anlageprozess nach Good-Governance Vorgaben sicherzustellen. Dieser berücksichtigt, dass sie selbst bei einer Delegation von Aufgaben an Dritte dazu verpflichtet bleiben, ihre unübertragbaren Verantwortlichkeiten wahrzunehmen, die Beauftragten ausreichend zu kontrollieren und bei Bedarf die Expertise von Spezialisten beizuziehen.