Token in der Altersvorsorge
Susanne Kapfinger, Ökonomin und Leiterin Redaktion AWP Soziale Sicherheit
Inmitten der dynamischen und transformativen Finanz- und Technologielandschaft erfordert das Jahr 2024 Anpassungsfähigkeit und Scharfsinn bei den Anlagestrategien. Ein neues Thema, das die Landschaft der Vermögensanlagen definieren wird, sind digitale Assets. Dafür sprechen gleich mehrere Gründe.
Token wird zum Alltag
Erstens hat die zunehmende Tokenisierung und deren Integration in den Finanz- und Unternehmenssektor ein härteres Durchgreifen der Kryptoregulierung ausgelöst. Zahlreiche Länder haben ihre fragmentierten Richtlinien harmonisiert, darunter Singapur, die EU-Länder und das Vereinigte Königreich. Zweitens wächst das Anlageuniversum digitaler Vermögenswerte rasant. Denn auch institutionelle Player mischen im Kryptomarkt mit. Drittens ist die binäre Charakterisierung zwischen tokenisierter und nicht-tokenisierter Vermögenswerte bereits veraltet. Offchain- und Onchain-Bereiche können auf unterschiedliche Weise interagieren. Die Grenzen werden durchlässiger.
First Mover im Vorsorgebereich
Eine Stichprobe unter Schweizer Pensionskassen zeigt: Es gibt bereits erste Erfahrungen mit digitalen Vermögenswerten. Einige Vorsorgeeinrichtungen haben laut Sygnum Bank über die letzten fünf Jahre angefangen, in Blockchain/Krypto zu investieren (siehe Interview Seite 4). Die meisten Kassen halten sich jedoch zurück. Im Bereich der technischen Infrastruktur arbeiten konservative Vermögensverwalter aktuell ohne Blockchain-basierte Technologie. Die Entwicklungen und möglichen Einsatzgebiete werden allerdings beobachtet, um allfällige Prozessoptimierungen vorantreiben zu können. Das bestätigt etwa der Mediensprecher der Asga Pensionskasse, Roman Bühlmann.
Ein langer Schatten
Die Blockchain-Technologie sorgt für Effizienz und mit tokenisierten Vermögenswerten lassen sich Renditen erwirtschaften. Mit welchem Risiko diese Renditen erwirtschaftet werden, dazu gibt es auch schon erste Angaben: Die Marktforscher von RWA.xyz haben bereits eine Rendite-Risiko-Kurve entworfen. Das alles spricht für Krypto Assets.
Es gibt aber auch einiges, was dagegen spricht. Ein Mitglied der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC machte es deutlich: Die Kryptowährung Bitcoin sei in erster Linie ein spekulativer Vermögenswert, der auch für illegale Aktivitäten wie Ransomware, Geldwäsche, Umgehung von Sanktionen und Terrorismusfinanzierung genutzt werde. Zudem verfügten schätzungsweise 0,01 Prozent der Inhaber über fast 60 Prozent aller Bitcoin – das mache die Kryptowährung anfällig für Manipulationen. Des Weiteren schwankt der Bitcoin um ein Vielfaches stärker als beispielsweise der S&P 500, der seit 1950 um durchschnittlich rund 9 Prozent pro Jahr zugelegt hat.
Attraktive DeFi-Renditen
Kryptowährungen sind aber nur eine von vielen tokenisierter Anlagemöglichkeiten. In Token verpackt werden inzwischen auch US-Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und Geldmarktfonds. Laut Marktforschungsunternehmen Gartner beläuft sich der weltweite Marktwert von Blockchain-basierten Anlageprodukten, auf insgesamt 270 Milliarden US-Dollar (2023).
Die Nachfrage nach tokenisierten Staatsanleihen steigt stetig. Laut Bericht von RWA.xyz erhöhte sich 2023 das Volumen auf 831 Millionen US-Dollar. Der Grund: Die Rendite von US-Staatsanleihen im dezentralen Finanzwesen (DeFi) übertreffen diejenigen im Offchain-Bereich. US-Staatsanleihen gelten als risikolos und gehören in ein konservatives, international diversifiziertes Portfolio. Deshalb sollten auch Pensionskassen digitale Vermögenswerte in Erwägung ziehen.