Nachhaltigkeit ist keine Frage des trendig seins
Von Peter Bezak, Director bei Zurich Invest AG
Trends kommen und gehen. Auch Nachhaltigkeit scheint ein Begriff zu sein, der derzeit in Mode ist. Doch anders als die flüchtigen Moden, die Jahr für Jahr die öffentliche Auseinandersetzung prägen, ist Nachhaltigkeit eine tiefgreifende Notwendigkeit, die weit über oberflächliche Trends hinausgeht. «Wer hat die ESG-Party getötet?», fragte die Financial Times im vergangenen Juli. Von einem Nischenthema vor einem Jahrzehnt hat sich Nachhaltigkeit im Finanzsystem zu einem der wichtigsten strategischen Aspekten bei den meisten Finanzdienstleistern weltweit entwickelt. Doch nun scheint das Thema an Schwung zu verlieren.
Komplexität und Aufwand
Während die Anzahl nachhaltiger Anlageprodukte zwischen 2019 und 2021 in die Höhe schoss, sind sie seit dem Höchststand im Jahr 2021 weltweit stark zurückgegangen. Nicht nur die Anzahl der nachhaltigen Anlageprodukte hat abgenommen, sondern die weiterhin bestehenden Produkte verzeichneten Geldabflüsse. Mit Ausnahme in Europa kam es dieses Jahr weltweit bei existierenden Anlagegefässen laut Morningstar sogar zu Netto-Vermögensabflüssen und der Netto-Neugeldzufluss hat sich gleichzeitig verlangsamt.
Da Regierungen weltweit die regulatorischen Rahmenbedingungen weiterentwickeln, haben die Komplexität und die Kosten der Compliance erheblich zugenommen. Einige Produkthersteller erwägen, ihre Investmentfonds von jeglicher nachhaltigkeitsbezogenen Terminologie zu befreien, um sich von den regulatorischen Bürden und Risiken, die mit einer solchen Einstufung verbunden sind, zu befreien. Im gleichen Zeitraum hat die umfangreiche Medienberichterstattung über Greenwashing-Vorwürfe bei einer kleinen Anzahl Finanzdienstleistungsunternehmen der Glaubwürdigkeit nachhaltiger Engagements insgesamt geschadet. Aber auch das makroökonomische Umfeld und die zunehmenden geopolitischen Erschütterungen haben die Gesamtsituation verschärft, so dass sich die Prioritäten der Anlegerinnen und Anleger auf unmittelbarere und derzeit dringendere Sorgen verlagert haben.
Verantwortungsbewusst im Alltag
Das prinzipielle Interesse der Investoren an Nachhaltigkeit dürfte aufgrund des Klimawandels weiterhin bestehen, denn das Klimarisiko ist auch ein finanzielles Risiko. Nachhaltiges Investieren ist nicht mit geringeren Renditen gleichzusetzen. Nachhaltigkeit bedeutet vielmehr, bewusste Entscheidungen zu treffen und die langfristigen Konsequenzen von Investitionen zu verstehen. Studien haben gezeigt, dass Unternehmen mit starken ESG-Praktiken oft besser abschneiden und weniger Risiken ausgesetzt sind als solche, die wenig Wert auf ESG legen. Für Pensionskassen bedeutet dies, dass nachhaltige Investments nicht nur ethisch korrekt sind, sondern auch finanzielle Stabilität bieten können.
Bei Pensionskassen spielt die treuhänderische Verantwortung eine zentrale Rolle bei Investitionsentscheidungen. Vorsorgestiftungen haben die Pflicht, das Vermögen der Versicherten nicht nur gewinnbringend, sondern auch nachhaltig und zukunftsorientiert zu bewirtschaften. Diese Verantwortung bedeutet, dass Pensionskassen langfristige Risiken wie die Klimarisiken und Klima-Chancen berücksichtigen müssen, um sicherzustellen, dass die Vermögen der Versicherten auch in vielen Jahren noch Erträge abwerfen und zur finanziellen Sicherheit im Alter beitragen. Pensionskassen benötigen bei Investitionsentscheidungen Transparenz, Verantwortung und eine langfristige Vision, die nicht nur den Profit, sondern auch den Planeten im Blick hat.
Eine nachhaltige Zukunft gestalten
Nachhaltigkeit ist keine Frage von Trends und Moden. Sie ist eine Frage des Überlebens. Ihre Grundlage sind die Verantwortung und der Respekt gegenüber unserer Umwelt, unseren Mitmenschen und den zukünftigen Generationen. Nachhaltigkeit muss ein integraler Bestandteil unserer Investmentstrategien und unseres Handelns bleiben. Indem wir nachhaltige Investmententscheidungen treffen und diese Philosophie in unsere täglichen Anlagepraktiken integrieren, können wir einen echten Unterschied machen.