Mörderisch effizient

Susanne Kapfinger, Ökonomin und Leiterin Redaktion AWP Soziale Sicherheit

Private Equity gehört in jedes grössere Portfolio. Denn die breitere Diversifikation macht das Portfolio effizienter. Das ist ein Vorteil, den kaum jemand bestreitet. Doch wie steht es um die Nachteile dieser Anlageklasse? Es gib zahlreiche Untersuchungen, die Schattenseiten aufzeigen: Es sind vor allem grosse Private-Equity-Firmen mit Buy-out-Strategien, die bei einer kritischen Betrachtung ihren Glanz verlieren. 

 

Das Geschäftsmodell ist einfach: Private-Equity-Firmen kaufen Unternehmen mit etwas eigenem Geld, etwas Geld von Investoren und viel geliehenem Geld. Dann versuchen sie, finanzielle oder betriebliche Verbesserungen herbeizuführen, um das optimierte Unternehmen nach ein paar Jahren Gewinn bringend zu verkaufen. 

 

Fernab von nachhaltigem Handeln

Das Geschäftsmodell begünstigt also kurzfristiges Denken. Es werden Schulden aufgenommen und Veränderungen herbeigeführt, die schnelle Gewinne ermöglichen. Das Modell schliesst die Verantwortung für die Konsequenzen aus, die sich aus der Veränderung ergeben. Das steht diametral zu einem nachhaltigen Modell. Denn Nachhaltigkeit beinhaltet eine langfristige Sichtweise. Wenn man ein Unternehmen aber nur wenige Jahre besitzt, trägt man weder die Verantwortung für die langfristigen Folgen, noch wird man dafür zur Rechenschaft gezogen.

Alle grossen Private-Equity Player wie Blackstone, Carlyle, KKR, Apollo oder Partners Group verfolgen solche Buy-out-Strategien. Sie kaufen zudem alle ähnlichen Übernahmekandidaten einer Region, um den Markt zu konsolidieren. Das ist nachvollziehbar: Einerseits lohnt es sich den Case zu wiederholen, wenn sich die Übernahmeexpertinnen und -experten das Knowhow in einem speziellen Business aneignen. Andrerseits erhöhen Konsolidierungen die Marktmacht. 

 

Machtmissbrauch

Die Erfahrung zeigt: Private-Equity-Firmen nutzen ihre Marktmacht, um Preiserhöhungen und  Lohnsenkungen durchzusetzen oder die Produktqualität zu drücken. Den aufgekauften Unternehmen bleibt keine andere Wahl, als mitzumachen. Sie unterliegen dem Druck, den Schuldenberg bedienen zu  müssen (Leveraged Buyouts and financial Distress, 2021). 

 

Es gibt eine Menge akademischer Forschung über die Auswirkungen von Private-Equity-Investitionen – aber auch Insiderberichte. Die Ergebnisse sind eindeutig: Die Folgen für das übernommene Unternehmen sind überwiegend negativ. Auf Arbeitnehmerseite verschlechtern sich die Löhne, Arbeitsbedingungen und die Lebenserwartung. Auch auf der Verbraucherseite sind erhebliche Nachteile spürbar, insbesondere im Gesundheitswesen (Pflegeheime, Krankenhäuser, Arztpraxen), das zu einem grossen Bereich für Private Equity geworden ist. 

 

Ruf nach mehr Fairness

Plündern Private-Equity-Firmen die Wirtschaft? Diese Frage stellen sich immer mehr Ökonominnen und Ökonomen. PE-Firmen behaupten, sie würden Unternehmen durch geschicktes Management effizienter machen. Doch Kritiker behaupten, sie beugen Regeln, um sich auf Kosten der Verbraucher und Arbeitnehmer zu bereichern. 

 

Der Ruf nach mehr Fairness und Rechenschaftspflicht wird immer lauter. Die Private-Equity-Branche vermochte bisher aber jegliche Regulierungsbemühungen abzuwehren. Das macht es für eine ESG- oder Nachhaltigkeitsinvestorin nicht einfach. Sie muss sich diese Schwachstellen von Buy-out-Strategien vor Augen halten und die Konsequenzen von Optimierungsmassnahmen kritisch hinterfragen. Denn wenn kurzfristige Investoren Entscheide mit langfristiger Tragweite fällen, kann das zu sehr schlechten Ergebnissen für das Unternehmen und die Gesellschaft führen.