Die Welt ändert sich – und Aktienindizes mit ihr
Von Stephan Skaanes und Romano Gruber, PPCmetrics AG
Der Schweizer Aktienmarkt (SPI Index) hinkte in der jüngeren Vergangenheit aus Renditesicht dem globalen Aktienmarkt (MSCI World Index) deutlich hinterher. Seit Anfang 2023 erzielte der MSCI World Index eine Rendite von rund 24,9 Prozent, während der SPI Index eine Rendite von gut 9,8 Prozent erzielte. Schaut man sich die letzten fünf Jahre an, ist die Diskrepanz noch grösser (MSCI World Index: 63,9%, SPI Index: 37,4%). Was sind mögliche Erklärungen für die grosse Performance-Dispersion?
Einer der Hauptgründe ist in der Zusammensetzung der Indizes zu finden. So erzielten global beispielsweise Titel aus dem IT-Sektor in den letzten Jahren sehr hohe Anlagerenditen. Der Anteil des IT-Sektors im MSCI World Index beläuft sich auf knapp 23 Prozent, während der SPI Index ein Exposure von unter 2 Prozent gegenüber Technologie-Firmen aufweist.
Durch die überdurchschnittliche Performance sowie durch einige Neukotierungen ist das Gewicht des IT-Sektors am MSCI World Index über die letzten zehn Jahre deutlich gestiegen – von circa 13 Prozent per Ende 2014 auf 23 Prozent per Ende Dezember 2023. Über den gleichen Zeitraum ist dagegen das Gewicht von Energietiteln (von 8% auf 4%) und Finanztiteln (von 21% auf 15%) deutlich zurückgegangen.
Nicht nur bei den Sektoren, sondern auch bei der Gewichtung einzelner Länder und Regionen sind deutliche Verschiebungen zu erkennen. So ist der Anteil der USA am MSCI World über die letzten zehn Jahre von gut 58 auf knapp 70 Prozent gestiegen, während das Gewicht der anderen Regionen (Europa sowie Asien/Pazifik) abgenommen hat.
Das deutlich höhere Gewicht der USA ist jedoch nicht ausschliesslich ein Resultat der Entwicklungen in der amerikanischen Realwirtschaft. Es zeigt vielmehr, dass die USA offensichtlich ein interessanter Markt für Kotierungen sind. So sind zum Beispiel die grossen Technologiefirmen wie Apple, Google oder Microsoft zwar alle in den USA kotiert und haben dort ihren Firmensitz, erzielen ihren Umsatz aber auf der ganzen Welt.
Nicht nur bei Aktienindizes für entwickelte Länder sind signifikante Verschiebungen zu beobachten, auch in Schwellenländern kam es in den letzten Jahren zu grossen strukturellen Veränderungen, beispielsweise bei der Länderzusammensetzung. Insbesondere bezüglich China bestand bei den Investoren ein Wechselbad der Gefühle: Vor einigen Jahren wurde China bereits als potenziell grösste globale Wirtschaftsmacht gehandelt. Diese Euphorie musste aber alsbald berechtigten Bedenken über politische Risiken in China (z.B. Covid-Politik, Einflussnahme auf Unternehmen, Taiwan-Frage etc.) weichen.
Entsprechend ist der Anteil China im MSCI Emerging Markets Index von 22 Prozent im Jahr 2014 auf rund 32 Prozent im Jahr 2022 gestiegen und mittlerweile wieder auf rund 25 Prozent gesunken. Über die letzten zehn Jahre ist dagegen der Anteil Indien von rund 7 auf 18 Prozent gestiegen. Diese Veränderungen reflektieren unter anderem die erwähnten Unsicherheiten bezüglich der künftigen Entwicklung der chinesischen Wirtschaft und die zunehmende Wichtigkeit von Indien insbesondere aus demografischer Sicht.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es in den letzten Jahren bedeutende Verschiebungen in den verschiedenen Aktienindizes gab, die sich auch in historischen Renditen zeigten. Diese Verschiebungen widerspiegeln ein unterschiedliches Risikoempfinden (bspw. Verschiebungen bei den Schwellenländern) bzw. die zunehmende Bedeutung des IT-Sektors (Gewicht USA und IT) bei den Marktteilnehmern.